In Teilen des Bergischen Landes findet in nächster Zeit eine Umstellung von L- auf H-Gas statt. Diese Umstellung erfolgte in Wuppertal bereits in den 90er Jahren.
In Solingen, Remscheid und Wermelskirchen müssen sich viele Anwohner auf Anpassungen ihrer Heizanlagen einstellen. Denn während in Wuppertal schon seit den 90er Jahren das effizientere H-Gas durch die Leitungen fließt, werden einige Teile des Bergischen Landes noch immer mit L-Gas versorgt. Gleichzeitig wird Erdgas als Energieträger immer unbeliebter, der Trend geht zu erneuerbaren Energien. Die Bundesregierung sieht eine Klimaneutralität beim Heizen für 2045 vor – nach und nach werden die Gasheizungen also aus unseren Haushalten verschwinden.
Grund genug, sich einmal genauer mit dem Brennstoff auseinanderzusetzen: Seit wann heizen Wuppertaler eigentlich mit Erdgas und woher stammt es? Welche Unterschiede gibt es und was macht das Heizen mit Erdgas eigentlich so umweltschädlich?
Seit wann wird in Wuppertal mit Erdgas geheizt?
Bevor Wuppertaler und Wuppertalerinnen mit Erdgas heizten, war Kokereigas das Mittel der Wahl. Kokereigas ist ein Ergebnis der Erhitzung und chemischen Spaltung von Steinkohle. Weitere Produkte dieses Verfahrens sind Steinkohleteer und Koks. Während Kokereigas zu Beginn des 19. Jahrhunderts vorwiegend für den Betrieb der damals verbreiteten Gaslampen verwendet wurde, kam es später auch beim Heizen und Kochen zum Einsatz.
1968 stellten die Wuppertaler Stadtwerke erste Haushaltsgeräte für den Betrieb mit Erdgas um. Diese Umstellung war nötig, weil Erdgas über einen höheren Brennwert verfügt als Kokereigas. Insgesamt 115.000 Haushalte bereiteten die WSW in den darauffolgenden Jahren auf den Betrieb mit Erdgas vor und läuteten damit in Wuppertal das Zeitalter des Erdgases ein.
Woher stammt das Erdgas für Wuppertal?
Die Umstellung von Kokerei- auf Erdgas in den 60er Jahren war deshalb sinnvoll, weil in den Niederlanden große Erdgasvorkommen entdeckt wurden. Angewiesen war Wuppertal stets auf das Unternehmen Thyssengas. Bereits 1911 hatte es die erste deutsche Ferngasleitung von Duisburg-Hamborn nach Barmen gebaut, um die Versorgung mit dem in den Zechen des Ruhrgebiets produzierten Kokereigas zu gewährleisten. Mit der Entdeckung des Erdgases im Nachbarland wurde Thyssengas vom Gasproduzenten zum Importeur. Auch Wuppertal bezog danach Erdgas aus dem Gasfeld bei Slochteren – eines der damals größten Gasfelder weltweit.
Seit den 90er Jahren stammt das Wuppertaler Erdgas nicht mehr aus den Niederlanden, sondern aus Erdgasfeldern vor der norwegischen Küste. Mit der Umstellung wurde in Wuppertal gleichzeitig der Umstieg von L- auf H-Gas vollzogen.
Was ist der Unterschied zwischen L- und H-Gas?
Weil sich die L-Gas-Reserven langsam dem Ende neigen, findet eine deutschlandweite Umstellung auf H-Gas statt. L-Gas ist die Abkürzung für „Low calorific gas“ und hat einen niedrigeren Brennwert als H-Gas („High calorific gas“). Dieses hat einen höheren Methan-Gehalt, folglich einen höheren Brennwert und mehr Energiefreisetzung, und stammt aus Norwegen, Russland und Großbritannien. Während der Brennwert von L-Gas bis zu 8,4 kWh/m3 beträgt, erreicht H-Gas einen Brennwert von über 10 kWh/m3.
Die schrittweise Anpassung, die sogenannte Marktraum-Umstellung, soll bis zum Jahr 2030 abgeschlossen sein. Auch im Bergischen Land müssen im Rahmen der Umstellung noch Gasgeräte auf H-Gas umgestellt werden, so in Wermelskirchen, Solingen und Remscheid. In Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Bremen ist die Markraum-Umstellung ebenfalls noch im Gange. Wuppertal war mit einer Umstellung in den 90er Jahren seiner Zeit voraus.
Teil der Umstellung ist eine Erfassung aller Gasgeräte. Manche Geräte, die L-Gas beziehen, sind bereits H-Gas-tauglich, bei anderen muss die Gas-Düse ausgetauscht werden, oft ist aber auch eine komplette Heizungsmodernisierung bzw. ein Heizungstausch notwendig, wenn das Gerät nicht den Ansprüchen an moderne Geräte gerecht wird. Dann kommen Eigentümer für die Kosten selbst auf. Überprüfung und Anpassung werden zunächst vom Netzbetreiber getragen und später bundesweit umgelegt. Insgesamt werden deutschlandweit fünf Millionen Heizgeräte von L- auf H-Gas umstellt.
Wieso ist das Heizen mit Erdgas umweltschädlich?
Gasheizungen belasten das Klima nicht so stark mit CO2 wie Ölheizungen. Auch die Feinstaubbilanz von Gasheizungen ist gut. Allerdings ist Erdgas, egal ob L- oder H-Gas, ein endlicher Rohstoff, weshalb der Einsatz alternativer Heizmethoden perspektivisch notwendig wird. Darüber hinaus kommt es bei der Gewinnung und beim Transport von Erdgas zu Methan-Emissionen und Methan ist klimaschädlicher als CO2.
Wie wird Wuppertal künftig heizen?
Umweltfreundlichere Alternativen zur Gasheizung sind Solaranlagen, Wärmepumpen und Pelletheizungen. Auch die Fernwärme wird im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung in den nächsten Jahren eine maßgebliche Rolle spielen. So sollen deutschlandweit mittelfristig mindestens 100.000 Gebäude im Jahr an Wärmenetze angeschlossen werden.
Beim Heizen mit Fernwärme wird die Wärme nicht im Haus durch eine eigene Heizung erzeugt, sondern in einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung. Weitere Informationen hierzu können Sie auch in unserem Blogbeitrag Wärmepumpe oder Warten aufs Wärmenetz nachlesen. Zwar nutzt auch Fernwärme fossile Energieträger wie Kohle und Gas, allerdings lässt sich durch die Wärmeerzeugung durch Kraft-Wärmekopplung in Heizkraftwerken eine hohe Energieeffizienz erreichen. In solchen Kraftwerken wird sowohl Strom als auch Wärme produziert, was zu einer Energieausbeute von bis zu 80 Prozent führt. Die Einspeisung von Wärme ins Fernwärmenetz, die bei industriellen Prozessen entsteht, ist ebenfalls eine nachhaltige Lösung zur Wärmeversorgung.
Auch die Wuppertaler Stadtwerke stellen Fernwärme auf Basis der Kraft-Wärme-Kopplung bereit und nutzen Energie aus der Wuppertaler Müllverbrennungsanlage zum Heizen. Mit dem Projekt Elberfeld 2030 wollen sie das Fernwärmenetz weiter modernisieren und ausbauen.
Gas zum Heizen: Eine Chronologie
Unsere Grafik verdeutlicht, wie Wuppertal im Laufe des letzten Jahrhunderts auf der Grundlage von Gas geheizt hat: